“Auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft können Museen nicht stehen bleiben. Als Orte der Bildungsbegegnung und Freizeitgestaltung – vom Kindergarten bis ins hohe Alter – sind sie gefordert, sich aktiv mit der Barrierefreiheit, einem Teilaspekt der Inklusion, zu beschäftigen.”
So fordert es der Deutsche Museumsbund in seiner Leitlinie zur Barrierefreiheit und Inklusion. Dabei spricht die Leitlinie aber nicht nur eine allgemeine Barrierefreiheit im Sinne der Zugänglichkeit der Museen an, sondern skizziert eine allumfassende Inklusion in musealen Institutionen, welche auch die digitalen Angebote betrifft. Darunter fallen sowohl die hauseigene Internetpräsenz, als auch weitere digitale Angebote, wie beispielsweise Smartphone-Apps. Im Sinne der Barrierefreiheit soll eine technische Nutzung von Menschen mit verschiedensten Beeinträchtigungen, wie unter anderem Seh- oder Hörbehinderungen, gewährleistet sein. Doch was kann eigentlich Bestandteil einer Strategie zur Barrierefreiheit digitaler Angebote sein? Eine kleine Zusammenstellung.
Die Devise: Manchmal ist weniger mehr!
Vereinzelt erinnern Homepages manchmal an das, was Kinder und Jugendliche kreieren, die zum ersten Mal eine PowerPoint-Präsentation gestalten dürfen: Hier flackert die Schrift und da dreht sich etwas. Gerade bei Nachrichtenseiten wird häufig auf einen Lauftext zurückgegriffen, um auf die aktuellsten Informationen hinzuweisen. Für Menschen mit Behinderung können aber genau solche „netten Spielereien“ große Hürden darstellen. Denn manche Menschen können so wichtige Informationen generell nicht wahrnehmen oder aufgrund ihrer Bewegungseinschränkung nicht schnell genug darauf reagieren. Deshalb empfiehlt es sich bei barrierearmen digitalen Angeboten komplett auf Lauftexte zu verzichten. Genauso wie auf aufpoppende Textfenster, die Farbe verändernde Worte oder generell alles, was sich in irgendeiner Form bewegt.
Schick und funktional
Gerade für Menschen mit Bewegungseinschränkungen kann das Internet eine echte Mühe sein, wenn sie sich zunächst durch etliche Seiten durchklicken müssen, bevor sie an die eigentlich relevante Information gelangen. Daher ist es nicht nur hilfreich, auf eine Introseite zu verzichten, sondern gleichzeitig auch ein übersichtliches und klar strukturiertes Menü mit aussagekräftigen Überschriften bereitzustellen. Dabei sollte außerdem auch beachtet werden, dass die einzelnen Punkte sowohl über die Pfeil- als auch über die Tabulatortaste angesteuert werden können. Denn nicht alle Menschen sind in der Lage mit einer Maus zu arbeiten. Für querschnittsgelähmte Menschen etwa, die mit einem Mundstab über die Tastatur navigieren müssen, ist jeder Klick weniger eine echte Erleichterung.
Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen
Auch die übermäßige Farbigkeit digitaler Angebote kann für sehbehinderte Menschen schnell zu Problemen führen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass rund acht bis neun Prozent der Männer genetisch bedingt unter einer Farbfehlsichtigkeit leiden. Daher sollten Farben beim Design lieber sparsam verwendet und zudem ausreichende Farbkontraste gewählt werden. Bestehen bei Ihrem Farbkonzept Zweifel, so könnten Sie zusätzlich einen Style-Switcher implementieren, um so letztlich dem Nutzer die Wahl eines angemessenen Kontrastes zu überlassen. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, die Schriftgröße individuell anzupassen, denn nicht alle können kleine Buchstaben gleichermaßen erkennen. Eine gelungene Umsetzung dieser Punkte, veranschaulicht der Blog von Domingos de Oliveira, unserem Referenten in der Pausanio Akademie für barrierearmes Internet.

Websites sprechen lassen
Blinde Menschen können Websites zwar nicht sehen, dafür aber hören! Mithilfe eines Screenreaders können sie sich die Inhalte der Websites vorlesen lassen und auf diese Weise wie viele andere Menschen an der digitalen Welt partizipieren. Aber Achtung, Screenreader wie beispielsweise das MacBook-Programm VoiceOver entnehmen die Daten dem Quell-Code und nicht etwa die, die auf der eigentlichen Nutzeroberfläche erscheinen. Daher ist es sehr wichtig, dass der Quell-Code verständlich und übersichtlich programmiert ist, um blinden Usern eine einfache Navigation zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang muss auch bedacht werden, dass Alternativtexte für Bilder, Symbole oder Icons hinterlegt werden müssen, da die Screenreader-Programme diese nicht automatisch in Worte wandeln können. Und eigentlich wissen wir von unserem Userverhalten nur zu gut, dass oft ein Klick des Buttons mit der Aufschrift „Jetzt kaufen“ über den erfolgreichen Abschluss einer Bestellung via Internet entscheidet.
Was im Fernsehen klappt, funktioniert auch im Museum
Vielleicht haben Sie es beim Durchzappen des Fernsehprogramms auch schon einmal entdeckt: Die Tagesschau sendet jeden Abend zu ihrer gewohnten Sendezeit auch immer eine Ausgabe ihrer Nachrichtensendung, die synchron in Deutsche Gebärdensprache (DGS) gedolmetscht wird. So können sich hörgeschädigte Menschen gleichermaßen darüber informieren, was auf der Welt passiert.
Was im Fernsehen klappt, funktioniert auch im Museum. In einer Audioguide-App, in der üblicherweise auditive Führungen implementiert sind, können ebenfalls kleine Videos eingebaut und so die entsprechenden Hörstationen auch in Deutscher Gebärdensprache übersetzt werden. Unternehmen wie das Hamburger Gebärdenwerk haben sich eigens für die Videoproduktion in DGS spezialisiert.
Mit Barrierearmut zum digitalen Informationsreichtum
Eins ist am Schluss klar: Jede Behinderung erfordert andere Bedürfnisse. Deshalb ist es wichtig, bei der Programmierung und Umsetzung digitaler Inhalte viele unterschiedliche Details zu berücksichtigen. Nur dann kann eine aktive Teilhabe von verschiedenen Personengruppen gewährleistet werden. Nur so kann langfristig das vom Deutschen Museumsbund geforderte Ziel der Inklusion in musealen Einrichtungen erreicht werden. Und nur so kommen Menschen mit Beeinträchtigung dann überhaupt in ein Museum. Denn wie Domingos de Oliveira herausstellt, kommt diese heterogene Zielgruppe nur dann in ein bestimmtes Haus, wenn bereits deren digitaler Auftritt sie ansprechen konnte. Und sind wir doch mal ehrlich, eine nachvollziehbare Navigation einer übersichtlichen Seite erfreut nicht nur Menschen mit Beeinträchtigung, sondern kommt letztlich allen zu Gute!
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