Besser spät als nie… pünktlich zum Histocamp am 27. & 28.11. in Bonn nun noch die Zusammenfassung meiner Session auf dem stARTcamp Köln zum Thema „Ingress für Kultureinrichtungen“.
Ingress?
Ingress ist ein Virtual Reality Spiel, welches auf Smartphones (aktuell als Android– und iOS-App verfügbar) und auf den Straßen und in den Städten weltweit gespielt wird. Die Geschichte hinter dem Spiel ist die Ankunft einer außerirdischen Lebensform, den sogenannten „Shaper“, die durch eine Substanz („Exotic Matter“, abgekürzt: „XM“) versuchen, Einfluss auf die Menschen zu nehmen. Die XM wird durch Portale in unsere Welt geleitet. Die Personen, die von dieser Entwicklung wissen, haben sich in zwei Fraktionen aufgeteilt, die Erleucheten („Enlightened“, grün, genannt „Frösche“) und den Widerstand („Resistance“, blau, genannt „Schlümpfe“). Die Erleuchteten sind der Meinung, dass diese Lebensform gut ist und die Entwicklung der Menschheit voran bringen kann. Der Widerstand ist gegensätzlicher Meinung.
Ingress ist ein Spiel der Google-Tochter Niantic und basiert auf Google Maps. Man sieht einen schwarz unterlegten Straßenplan auf seinem Handydisplay, in den die virtuellen Portale eingefügt sind. Um spielen zu können, muss der Spieler die Ortungsdienste aktivieren, mit dem Internet verbunden sein und sich physisch zu den einzelnen Portalen begeben, ähnlich wie beim Geocaching. Die Kommunikation und die Vernetzung der Spieler untereinander läuft über Google+ und Hangouts.
Im Spiel geht es darum, die Portale zu erobern, sie zu verbinden und möglichst viel Stadtgebiet unter diesen Verbindungen zu überdachen („Felder bauen“) und somit für seine Fraktion zu sichern und als Spieler Punkte zu machen. Hier kommt der für Kultureinrichtungen interessante Teil zum Tragen. Diese Portale sind real vorhandene Architekturen, Kunstwerke und Landmarken. Mittlerweile ist fast jedes Museum und die sich meist im direkten Umfeld befindliche Kunst als Portal eingereicht. Portale können auch dekorative oder auffällige Elemente einer Hausfassade, Streetart oder Stolpersteine sein. In der Portalbeschreibung können Informationen zum Werk hinterlegt werden.
Portal-Seiten verschiedener Kultureinrichtungen
Für jede Eroberung und jedes Feld erhält der Spieler Punkte und steigt so von Level zu Level auf. Die Utensilien, um Portale zu erobern und um Felder zu bauen, erhält man, indem man die Portale „hackt“. Weiterhin gibt es Medaillen, z.B. für viele gelaufene Kilometer, viele gebaute Felder etc. Und es gibt Missionen. Dies sind Rundgänge, die Mitspieler angelegt haben und die einen Spieler von einem Portal zum nächsten führen und zu jedem Portal eine Aufgabe stellen. Auch für jede absolvierte Mission erhält der Spieler eine Medaille. Auch hier existieren bereits Missionen rund um Museen und Kultureinrichtungen. In Düsseldorf existieren z.B. bereits der „Kaiserteich Hack“ rund um das K21 der Kunstsammlung NRW und „Eine Runde Ehrenhof“ rund um den Kunstpalast, die Tonhalle und das NRW-Forum, in Essen führt eine Mission um das Museum Folkwang und in Wuppertal geht es durch den Skulpturenpark Waldfrieden. Teil dieser Missionen können auch spezielle Wegmarken sein.
Juhu, Affenwappen gehackt. Erfolg auf #ingress mit @FLDus fl#sck15 pic.twitter.com/JKmVZnHyg5
— Sandra Brauer (@sanna_br) September 26, 2015
Kultureinrichtung?
Ingress-Spieler sind in erster Linie Gamer und Technikinteressierte, der Besuch der Ausstellungsräume z.B. eines Kunstmuseums steht selten auf der Tagesordnung. Aber sie besuchen das Portal eines Hauses oder die umliegenden Portale regelmäßig und viele sind auch an kulturellen Angeboten interessiert.
Ich persönlich (Kunsthistorikerin, eigentlich kein Gamer, aber smartphoneaffin) spiele Ingress sehr gerne, weil ich mich an der frischen Luft bewege und viele neue Ecken, Straßen und Städte mit diesem Spiel entdecken kann. Streetart, Details an Häuserfassaden oder Missionen durch unbekannte Stadtteile und Städte faszinieren mich. Zugegeben: Ausstellungen sehe ich mir an solchen Ingress-Tagen selten an, auch wenn ich an den Häusern vorbei komme. Aber Museumsmissionen mache ich meistens und der virtuelle Schlüssel eines Museumsportals wird auch als Andenken aufbewahrt.
Also, wenn es noch keine Mission zum jeweiligen Haus gibt, könnte diese vom Haus erstellt und eingereicht werden. Und die erfolgreiche Absolvierung der Mission könnte durch einen Preis belohnt werden. Beispielsweise einen Getränkegutschein im Café oder ein Giveaway aus dem Museumsshop. Ingress-spezifische Giveaways wären wahrscheinlich besonders beliebt. Ingress-Spieler lieben „Badges“ z.B. in Form von Aufnähern oder Pins.
Ingress-Events sind für viele Spieler sehr wichtig. Es gibt offizielle Veranstaltungen die von Niantic selber durchgeführt werden, wie zuletzt die Anomalie in Hamburg am 14.11. mit über 5000 internationalen Teilnehmern. Auch lokale Veranstaltungen sind sehr beliebt. Dafür können mehrere hundert Spieler zusammen kommen, kleinere Stammtische sind auch üblich. Hier gäbe es Möglichkeiten, als Kultureinrichtung Partner einer solchen Veranstaltung zu werden. Oder auch selber Veranstaltungen anzubieten und Ingress-Spieler zu sich einzuladen.
#sck15 #ingress ist wie Männershoppen. Und wie bekommen Kultureinrichtungen die Männer zum Shoppen durch die Tür? Ungeahnte Möglichkeiten.
— Sandra Brauer (@sanna_br) September 26, 2015
Ingress ist ein Spiel, das draußen gespielt werden muss, die Einbindung des Spiels in die Ausstellungsräume funktioniert nicht. Auch ist es nicht möglich innerhalb des Spiels Veränderungen vorzunehmen. Es gab die Idee, innerhalb des Spiels für bestimmte Aktionen Medaillen zu vergeben. Das geht nicht. Es gibt ein paar Unternehmen, die im Spiel als Sponsoren vertreten sind, z.B. der Versicherer Axa. Für eine Kultureinrichtung ist diese Form der Partnerschaft jedoch wohl eher überdimensioniert.
Es kam auch der Hinweis auf den Artikel in der Zeit und die Portale, die in KZ-Gedenkstätten bespielt werden. Ja, es gibt auch viele Portale auf Friedhöfen und auch Stolpersteine und religiöse Bauten sind Portale. Es gibt Spieler, die auf Friedhöfen spielen, andere lehnen dies kategorisch ab. Einig ist man sich in der Community jedoch, dass an solchen Orten respektvoll gespielt wird und z.B. Trauergemeinden großräumig umgangen werden.
Wichtig war der Hinweis aus der Runde, dass bei der Planung solcher Aktionen immer die Community einbezogen werden muss! Die Spieler vor Ort können am besten sagen, was sie interessiert und ob das Sinn machen könnte oder nicht. Die Ansprache funktioniert über Google+.
Und natürlich muss auch das Thema des Hauses oder der aktuellen Ausstellung stimmen. Technikmuseen oder Ausstellungen mit Gaming- oder Technik-Bezug werden mit solchen Aktionen erfolgreicher sein, als z.B. reine Kunstmuseen.
Es gibt bislang keine Erfahrungen, dieses Spiel in die Vermittlungsarbeit oder in das Marketing einer Kultureinrichtung einzubeziehen. Aber vielleicht hilft unsere Ideensammlung und vielleicht gibt es dieses Wochenende beim Histocamp spannende neue Erkenntnisse, die diese Überlegungen fortsetzen und vielleicht auch zur Umsetzung führen!
Ich bin gespannt und freue mich auf den Bericht!
Herzlichen Dank allen Teilnehmern der Session auf dem stARTcamp Köln für die spannende Diskussion!
Und ich bin stolz auf all die neuen Schlümpfe! Und die Frösche natürlich auch! ;)
Kaum was über Ingress gelernt, schon wird es live ausprobiert. #sck15 pic.twitter.com/PBMrd84Vx4
— stARTcamp Köln-Bonn (@stARTcampKB) September 26, 2015
Ich bin jetzt ein Schlumpf und finde, ihr solltet das wissen. #sck15 #Ingress
— Brigitte Schröder (@itBibi) September 26, 2015
Außerirdisches Leben bei @FLDus am @stARTcampK #sck15 — enlightened! ;)
— Patrik Frauzem (@patrikfrauzem) September 26, 2015
Informationsmaterial zum Nachlesen:
Ingress – die Kunst Umwege zu gehen
Verfasserin dieses Beitrags
