Vor zwanzig Jahren war Open Data noch ein dickes gelbes Buch. Darin standen die Adressen und Telefonnummern der Bürger und Bürgerinnen aus dem Einzugsgebiet. Open Data war die Möglichkeit, sich in der nächsten Bibliothek durch den gesamten Bestand zu lesen oder öffentliche Archive zu durchforsten. Die Digitalisierung bringt noch einmal neuen Schwung in die Debatte um offene Daten – und macht die Auseinandersetzung mit dem Thema auch für Kultureinrichtungen immer wichtiger.
Was ist Open Data?
Telefonbücher gibt es immer noch. Aber im Digitalen ist Open Data Google Maps, Wikipedia und Datahub. Mehr Transparenz, mehr Partizipation, mehr Wissenswachstum – das ist die demokratische Utopie hinter Open Data. Je mehr Daten wir zur Verfügung haben, desto besser kann internationale und branchenübergreifende Wissensvernetzung stattfinden.
Die Definition von Open Data ist eigentlich ganz einfach: offene Daten, die von jeder und jedem genutzt und weiterverbreitet werden dürfen. „Daten“ meint hier zunächst mal alles – Geo-Daten, Bilder, Texte, Informationen zu Bevölkerungsentwicklung oder gesundheitlicher Versorgung. Von diesen frei verfügbaren Daten können nicht nur Wissenschaftlerinnen profitieren. Auf der Plattform OpenRuhr können interessierte Bürgerinnen Daten rund um das Ruhrgebiet einsehen. Und die Mediensammlung europeana macht über 50.000.000 Werke aus Museen und Archiven der Öffentlichkeit zugänglich. Die Werke sind unter einer Creative Commons Lizenz verfügbar, was in den meisten Fällen die Namensnennung und Weitergabe unter gleichen Voraussetzungen verlangt.


Eine Vision – viele Ängste
Unter dem Begriff „Open Data“ laufen zur Zeit viele verschieden Diskurse der Form „Open + x“. Open Access, Open Content, Open Source und Open Government sind nur einige davon. Offene und frei verfügbare Daten sollen mehr Demokratie, internationale Zusammenarbeit und die gemeinschaftliche Lösung von kollektiven Problemen ermöglichen. Hinter Open Data steckt eine große Vision – aber auch viele Ängste und Einwände.
Die bisher zaghafte Bereitstellung offener Daten im öffentlichen Bereich ist datenschutzrechtlichen Problemen und Sicherheitsrisiken geschuldet. Klar ist: Sensible oder persönliche Daten müssen geheim bleiben dürfen. Doch wo ist die Grenze zwischen Daten, die berechtigterweise unveröffentlicht bleiben wollen, und solchen, die der Förderung des Allgemeinguts dienen? Darüber hinaus muss die offene Bereitstellung von Daten auch immer Missbrauch einkalkulieren – sei es durch gezielte Verfälschung von Informationen oder durch unerwünschte oder kriminelle Nutzung.
Open Data im Kulturbereich
Im kulturellen Bereich kann Open Data die Vernetzung von Museen und kulturellen Institutionen vorantreiben, die sich selbst als Plattform von Wissensaustausch und -schöpfung verstehen. Der öffentliche Auftrag zur Vermittlung wird hier noch einmal neu gestellt. Wie gehen Museen mit denen ihn anvertrauten Daten und Werken um? Wie viel „Geschlossenheit“ kann ein Museum sich heute noch leisten? Open Data kann für Museen eine ganz neue Möglichkeit bieten, ihr Wissen aus den Archiven auszugraben und über die Zinnen des Elfenbeinturms hinaus unter’s Volk zu bringen. Ein Beispiel für eine Plattform, auf der Galerien, Bibliotheken, Archive und Museen kulturelles Erbe zur Verfügung stellen können ist openGLAM.

Mit dem Bekenntnis zu Open Data geht auch die Frage nach der Lesbarkeit der Daten einher. Sind die Daten barrierefrei? Sind sie also auch für Menschen mit eingeschränkter Lese-, Seh- oder Hörfähigkeit erreichbar? Und sind sie darüber hinaus auch für Maschinen lesbar? Das ist unter anderem der Fall, wenn die Datensammlungen über eine Programmierschnittstelle, eine sogenannte API verfügt, die es Entwicklern erlaubt, die Daten weiterzuverarbeiten und in ihre eigenen Anwendungen zu integrieren. Ein Auflistung musealer Datenbanken mit einer API findet sich zum Beispiel hier. Für Museen ist darüber hinaus speziell „Linked Open Data“ ein spannendes Thema. Hierbei werden Datensätze so strukturiert, dass sich durch semantische Verschlagwortung Wissensnetze bilden, deren Wert sich in der Recherche bewährt.
Lizenzierung – Rechtliche Grundlagen
Wer Datensätze oder Werke freigeben möchte, muss sich mit den verschiedenen Formen der Lizenzierung auseinandersetzen. Die Creative Commons-Lizenz kennt sechs Kernformen, die auf der unterschiedlichen Zusammensetzung von piktographisch markierten Grundelementen basieren. Diese Variablen regeln unter anderem, ob der Autor genannt werden muss, ob das Werk bearbeitet werden darf und zu welchen Zwecken es eingesetzt werden kann. Die offenste Form der Lizenz ist die CC0 Lizenz, die Werke zum Public Domain, also zum öffentlichen Gut erklärt, an dem keine Rechte vorbehalten sind.
Open Data geht immer mit einer Bereitschaft einher, seine Daten, sein Wissen, seine Werke loszulassen. Alles, was mit einer umfassenden CC-Lizenz versehen ist, kann von anderen weiterverwendet und auch verändert werden. Das anzuerkennen erfordert von Autoren und Autorinnen einiges an Gelassenheit, da sie nicht kontrollieren können, was mit ihren Werken passiert. Für Verwaltungen bedeutet Open Data auch einen Machtverlust in Kauf nehmen zu müssen: Open Data führt zu einer konsequenten Dezentralisierung von Verwaltungsdaten. Open Data ist also immer eine Haltung gegenüber Daten, gegenüber geistigem Eigentum und gegenüber dem Ideal von Informationsfreiheit.
Eine Spielwiese für Open Data – mit all ihren Vor- und Nachteilen – ist übrigens Wikipedia. Wer ein bisschen selber open daten und sein Wissen öffentlich machen will, kann hier beginnen. Und wird schnell feststellen: Open Data ist schön. Macht aber (auch) Arbeit.
Verfasserin des Beitrags
